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Der Flurfunk erzählt
CHANGE 4 SUCCESS | Change Management Training Coaching Mediation
Weshalb die kleinen Gespräche am Rande in direkter Verbindung mit strategischen Zielen stehen.
Schlanke, straffe Prozesse und schlechte Stimmung vertragen sich schlecht. Lesen Sie am Flurfunk ab, wo Sie eingreifen müssen:
„Ach, unser Junior“, sagt eine Kollegin bei ihrer morgendlichen Tasse Kaffee. „Reizend ist er ja. Aber er kommt einfach nicht aus seinem Mauseloch.“ „Stimmt“, nickt die Andere. „Ob er das je ablegt?“ Als Führungskraft sollten Sie jetzt aufhorchen, denn es geht um mehr als um ein bisschen Tratsch in der Kaffeepause: Einer Ihrer Mitarbeiter wird von seinen Kollegen als wenig selbstbewusst eingeschätzt und sie halten die Aussichten, dass er seine Schwäche überwindet, für gering.
Ihrem Mitarbeiter gelingt es anscheinend nicht, sein Potenzial abzurufen, für das er einmal eingestellt wurde. Das ist für ihn nicht gut und die Teamleistung bleibt ebenfalls unterhalb ihres möglichen Optimums.
Geschichten – Seismograph für Brüche und ungute Emotionen
In den beiläufig erzählten Bürogeschichten verbergen sich unzählige Hinweise über die Qualität der Zusammenarbeit Ihres Teams. Sie zeigen, wie die Teammitglieder zueinanderstehen. Wer auf der Gewinnerseite steht und wer bei den Verlierern. Geschichten können kurz sein. Manchmal genügt ein Satz. Wenn „die Mutter der Nation“ gesprochen hat oder „… die von der XY-Abteilung mal wieder ...“ etwas ausgefressen haben, ist alles Notwendige gesagt. Die Eingeweihten wissen Bescheid.
Wenige Worte erzählen viel
Menschen erzählen deshalb gerne Geschichten, weil sie so angenehm einfach sind. Die Wirklichkeit ist vielschichtig, Geschichten dampfen sie auf ein gut verdauliches Maß ein. Sie geben Emotionen pointiert wieder und konzentrieren sich auf das Wesentliche. Dabei greifen die Sprecher auf ihr persönliches Bild von der Wirklichkeit zurück. Sie erzählen den Teil, den sie für wichtig halten. Den Rest lassen sie weg.
Bilder und Geschichten spiegeln Etikettierungen wieder, im Guten wie im Schlechten. Sie legen einzelne Teammitglieder oder auch ganze Teams auf eine Rolle fest. Nach und nach werden sie zu allgemein anerkannten Wahrheiten. „Wenn einer die Nuss knackt, dann Herr Y“, klingt dabei viel ermutigender als „na, da soll sich unser Junior aber erst einmal beweisen“.
Die täglichen Gespräche enthüllen Ihnen als Führungskraft die Beziehungen in Ihrem Team – und das frei Haus. Eine Portion Aufmerksamkeit genügt. Hören Sie auf Signalwörter wie „das war schon immer so“, „kann nicht“, „unmöglich“,“Sorge“ oder „niemals“.
So unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter
Einmal in der Defensive, ist es für „den Junior“ tatsächlich schwierig, ein anspruchsvolles Projekt an sich zu ziehen und sich gegenüber seinen Kollegen durchzusetzen. Welche Lösungen bieten sich an, wenn Sie ihn zu seinem tatsächlichen Potenzial führen wollen? Wir stellen Ihnen zwei Möglichkeiten vor:
Dekonstrukion
Eine Dekonstruktion bedeutet nicht etwa, dass eine Geschichte als unwahr enthüllt werden soll. Vielmehr liegt die Aufgabe darin, die Elemente und Erzählstränge einer Geschichte zu erkennen, um damit zu arbeiten.
Nehmen wir an, der junge Mitarbeiter hat mit Ihnen, seiner Führungskraft gesprochen. Er möchte mehr, doch er traut sich nicht, denn er sieht sich im Spiegel des täglichen Feedbacks und fühlt sich entsprechend: „Ich bin einfach zu wenig selbstbewusst“, sagt er zu Ihnen.
Positive Ausnahmen
Suchen Sie zusammen mit Ihrem Mitarbeiter nach positiven Ausnahmen und Unterschieden: Ist Ihr Mitarbeiter vielleicht ein Sportler oder ein begabter Musiker? Fragen Sie ihn, in welchen Situationen er Zutrauen zu sich hat.
Wenn er zum Beispiel ein guter Cellist ist, überlegen Sie gemeinsam, was ihm beim Musizieren die Sicherheit gibt und was er daraus lernen kann: Was hat ihm auf seinem Weg zum guten Musiker geholfen und was davon kann er in sein Berufsleben übertragen?
Zirkuläre Fragen
Einen ähnlichen Ansatz verfolgen sogenannte zirkuläre Fragen: „Wenn ich nicht Ihre Kollegen, sondern Ihre Freunde aus Ihrem Ensemble fragen würde: Was würden sie von Ihnen erzählen?“
Wenn die Wahrnehmung im Ensemble eine ganz andere ist, worin liegt dann das Erfolgsgeheimnis? Möglich, dass Ihr Mitarbeiter einfach so lange übt, bis er seinen Part im Griff hat. Weshalb gelingt ihm dies nicht an seinem Arbeitsplatz: Nimmt er sich zu wenig Zeit? Weiß er nicht, wie er sich sein Thema erarbeitet? Fühlt er sich beobachtet?
In den Unterschieden liegt der Schlüssel zur Veränderung. Das Mindeste, was Ihr Mitarbeiter gewinnen kann, ist eine veränderte Selbstwahrnehmung. „Ich bin so“, stimmt einfach nicht. Er ist ja nicht immer so.
Der Blick zurück
Eine dritte Möglichkeit der Dekonstruktion ist, die Geschichte als etwas Vergangenes zu betrachten. So kann Ihr Mitarbeiter Abstand gewinnen: Wie sieht er sich in fünf Jahren? Ist er dann noch immer unsicher? Wenn nein, wie hat er die Veränderung geschafft?
Den Blick öffnen
Eine ganz andere Herangehensweise liegt darin, das Blickfeld zu erweitern. Geschichten werden niemals vollständig erzählt. Meist steckt zudem ein Moment des Unausweichlichen in ihnen. „Ich bin eben so“, ist ein Beispiel dafür.
Ganz besonders aufschlussreich ist die Frage nach den Erwartungen und den Motiven der Kollegen: Ist das Team insgesamt recht expressiv und kommt mit einem feinsinnigen, musischen Kollegen nicht zurecht? War die Position des jungen Mitarbeiters zuvor von einem bewährten alten Hasen besetzt, der dem Team viele Aufgaben abgenommen hat, die nun neu ausgehandelt werden müssen? Dann kann Enttäuschung eine Rolle spielen. Oder ist es den älteren Kollegen ganz recht, wenn sie einen Jungen zügeln können, weil er sie andernfalls in Frage stellen und überholen könnte? Das wäre natürlich schlimm. Der nicht erzählte Teil öffnet den Weg zu Lösungen.
Quelle: Christina Budde, Zuhörende Erzähler, Storytelling als Führungsinstrument, managerSeminare 210, 09/2015, Seiten 52 - 56