Change funktioniert dann gut, wenn das virtuelle Team wirklich ein Team ist
Während eines großen Fußball-Ereignisses diskutieren die Fans, ob es gelingen kann, aus Einzelspielern und Fußball-Stars eine Mannschaft zu formen. Der Teamgeist zählt, das wissen alle: Wenn der „Spirit“ stimmt, kann auch eine mäßig leistungsfähige Mannschaft überraschend weit kommen.
Was für den Fußball stimmt, gilt in Arbeitsteams ebenso. Jedoch stellt die Arbeitswelt zusätzliche Herausforderungen. In unserem Projekt gingen wir mit einem virtuellen Team an den Start, bestehend aus 45 Spielern.
Unser Bericht erzählt von Strategie, Taktik, Hürden und Erfolgsfaktoren:
Die Herausforderung
Unser Auftraggeber ist ein Traditionshaus mit fünf Geschäftsbereichen. Jeder Geschäftsbereich hatte eine separate, selbständig geführte IT-Abteilung. Dies war das Ergebnis einer historischen Entwicklung. Die IT-Abteilungen sollten sich neu organisieren – weg vom Silo-Denken hin zu einer einheitlichen Group-IT-Struktur mit einheitlicher Führung.
Das Ziel
Der Auftrag ging über eine rein formale Neuorganisation und Prozessgestaltung hinaus: Die Mitarbeiter sollten sich zu einem Team finden. Denn ein gutes Team spornt sich gegenseitig zu Bestleistungen an und liefert high-performance.
Die Strategie
Teamgeist entsteht dort, wo sich Menschen kennen und vertrauen. Wo deutlich wird, dass jeder seinen Teil beiträgt, „sich reinhängt“ und engagiert.
Unsere Strategie ging deshalb dahin, Gemeinsamkeit zu schaffen. Das bedeutet genauer: Unsere Themen waren
- Identität stiften: Wer sind wir als Team?
- Gemeinsamkeit schaffen
- Integration fördern und Entfernung überbrücken
- Vertrauen aufbauen, Einfluss nehmen, Wirksamkeit stärken
Zu diesen Themen haben wir Workshops durchgeführt, denn wie die Kollegen sind, erfährt man in der persönlichen Zusammenarbeit am besten.
Die Taktik
- Runde
Zu Beginn kam ein Kern-Team von acht Führungskräften zu einem zwei-tägigen Workshop zusammen. Die Kernfrage war: „Wie sind wir in Zukunft aufgestellt?“ Die übergeordnete Frage haben wir in zahlreichen Facetten diskutiert, zum Beispiel:
- Wie lautet unsere gemeinsame Vision? Wohin wollen wir?
- Welche Tätigkeiten gibt es überhaupt – über alle Abteilungen hinweg?
- Welche Aufgaben-Cluster wollen wir bilden? Wer übernimmt welches Cluster?
Für Nähe, Vertrauen und Identität muss man sich sehen, erleben und kennenlernen. Im Workshop lernen sich die Teilnehmer unter „echten“ Bedingungen kennen: Wer sagt was? Wer engagiert sich wie? Wer verpflichtet sich wo? Nichts eint so sehr wie die direkte Zusammenarbeit.
Die Arbeitsergebnisse ließen wir einige Tage auf die Führungskräfte wirken. Danach gab es eine neue Zusammenkunft, bei der der Cluster-Zuschnitt diskutiert und die Aufgaben abschließend verteilt wurden.
- Runde
Mit einem sehr ähnlichen Konzept fanden anschliessend Workshops mit den Mitarbeitern statt. In diesem Rahmen haben wir Fragen diskutiert wie: Wie wollen wir uns aufstellen? Wer wollen wir als gesamtes Team sein? Wer will an welcher Aufgabe arbeiten? Wer hat welche Stärken? Wer will sich in welchem Themenbereich engagieren?
Aus den Ergebnissen wurden die Grundzüge der neuen Organisation abgeleitet. Zusätzlich haben wir praktische Fragen angesprochen wie detaillierte Verantwortlichkeiten, Vertretungsregelungen oder virtuelle und persönliche Treffen an wechselnden Standorten.
Die Abende nutzten wir für ein informelles Zusammensein: Bei der „Team-Olympiade“ hatten alle viel Spaß.
Risiken
Schon bei einem „einfachen“ Change Prozess besteht die Gefahr, dass die Produktivität deutlich leidet. Bei einem virtuellen Team fällt das Risiko ungleich größer aus, denn die Mitarbeiter sind mit ihren Unsicherheiten, Ängsten und inneren Widerständen oft auf sich gestellt. Das Kopfkino hat Gelegenheit, ungebremst Bilder zu produzieren.
Deshalb ist es noch wichtiger als sonst, Kontakt zu den Menschen zu suchen und sie zu ermuntern, sich gegenseitig zu stärken und einander zu helfen.
Auch die Außenwelt bleibt nicht ohne Einfluss. Generell werden IT-Abteilungen als Service-Abteilungen in den Unternehmen angesehen. Bei Verzögerungen und Ausfällen hagelt es Kritik. Zumindest aber vergeben die Kollegen gedanklich Strafpunkte.
Jeder will, dass alles bestens weiter läuft – auch die Mitarbeiter der IT-Abteilungen selbst. Eine so grundlegende Neuorganisation ohne jeden Ausfall und ohne temporäre Einschränkungen ist jedoch ein unrealistisches Ziel.
Das Bild der Kollegen von außen war: Die IT-Abteilung trifft sich x-fach und redet und redet – und jetzt klappt das immer noch nicht.
Dagegen helfen Transparenz und ein agiles Mindset: Eine offene Kommunikation und das Eingeständnis von gelegentlich passierenden Fehlern sind wichtig. Etwas zu beschönigen, ist nicht zielführend und sorgt für neuen Missmut.
Erfolgsfaktoren, Rückblick
Der Erfolg entsteht vor allem unterhalb der Wasseroberfläche des Eisbergs auf der emotionalen Ebene: Die Mitarbeiter arbeiten an verschiedenen Standorten. Heute ist ihr unmittelbarer Sitznachbar nicht mehr zwingend der engste Fach-Kollege.
Ein solches Konzept funktioniert nur, wenn die soziale Komponente stimmt. Sie ist entscheidend, denn Menschen sind soziale Wesen. Zusammenhalt und gemeinsames Engagement motivieren. Das war unter anderem deutlich zu erkennen, als der Wunsch nach weiteren Treffen und Fortsetzung der Workshops von den Teammitgliedern selbst geäußert wurde. Die Kollegen zeigten Interesse aneinander und wollten sich intensiver vernetzen und noch besser kennenlernen und besser zusammenarbeiten zu können.
Wenn das Ziel „herausragende Ergebnisse“ lautet, dann geht an einem Team nichts vorbei. Nur im Team sind die Menschen bereit, sich „reinzuhängen“ und ihr Bestes zu geben. Im Teambuilding entsteht der soziale Klebstoff für großartige Ergebnisse.
Virtuelles Arbeiten funktioniert gut, wenn das Vertrauen da ist. Dazu kommt es auf persönliche Kontaktpunkte an. Man muss einander kennen und Interesse aneinander haben.