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Double Bind: Wie war das noch gemeint?
CHANGE 4 SUCCESS | Change Management Training Coaching Mediation
Wie war das gemeint? Was los ist, wenn Sie unsicher aus einem Gespräch gehen
Eigentlich müsste alles klar sein. Ihr Kollege hat eifrig genickt. Dennoch haben Sie ein ungutes Gefühl: Er hat so merkwürdig geguckt und die Stirn in Falten gelegt. Hören Sie jetzt schon das Gras wachsen?
Sich widersprechende Botschaften irritieren
Wahrscheinlich nicht. Wann immer Menschen miteinander kommunizieren, wird auf verschiedenen Kanälen gesendet: Wir sprechen und kommunizieren zugleich via Körpersprache, Mimik und Gestik. Die gesendete Botschaft unseres Gegenübers nehmen wir als Ganzes wahr und gleichen sie mit unseren Gefühlen ab. Wenn sich die Sprache und die übrigen Botschaften widersprechen, wissen wir nicht, was wir glauben sollen. Im Englischen heißt das: „double bind“.
Double bind als Alltagsschwindelei – kein Problem
Double-bind-Situationen kommen im Alltag häufig vor und sind jedem geläufig. Sie treffen etwa einen Kollegen auf dem Gang und werfen ihm ein freundschaftliches „Na, alles in Ordnung?“ zu. Er antwortet: „Klar, alles bestens.“ Die Ringe unter den Augen und sein blasses Gesicht sprechen jedoch eine andere Sprache. Alles deutet auf eine schlaflose Nacht hin.
Weiter tragisch ist das nicht. Dies können wir uns erklären: Unsere kulturelle Norm schreibt uns vor, im Beruf nicht allzu wehleidig zu sein. Wirklich verwirrend ist double bind als dauerhaftes Kommunikationsmuster eines Kollegen.
Gelernt, sich zu misstrauen
Das eine sagen und das andere meinen, macht die Kommunikation anstrengend. Doch nicht nur die Umwelt, auch der Absender trägt ein schweres Paket. Das Kommunikationsmuster double bind entsteht meist in der Kindheit und zwar dann, wenn das Kind laufend der Botschaft „Du bist nicht richtig“ ausgesetzt ist. Es macht beispielsweise eine Beobachtung, spricht darüber und bekommt als Antwort: „Das bildest du dir nur ein. Du bist eben kompliziert“. Ebenso double-bind-verdächtig sind Themen, über die nicht geredet werden darf, kombiniert mit dem Kommentar: „Darüber redet man nicht. Wir wollen doch nur dein Bestes.“ Das Kind kann machen, was es will: Es sieht die Dinge angeblich nie richtig und lernt, seinen Gefühlen und Wahrnehmungen zu misstrauen.
Nie weiß es, ob etwas so ist, oder anders. Um zu überleben, macht es sich unsichtbar, und versucht, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Seine Gefühle und innere Wahrheiten spaltet es ab und behält sie für sich. Es verwendet viel Zeit darauf zu überlegen, wie etwas gemeint sein könnte. Die in der Kindheit erlernten Muster können eine Bürde für ein ganzes Leben sein, denn auch als Erwachsener traut er sich nicht auszusprechen, was er fühlt.
Sich abgrenzen in double bind-Situationen
Einen solchen Mitarbeiter zu führen, ist schwierig – gerade, wenn die Führung der Offenheit und dem Vertrauen verpflichtet ist. Wie soll denn eine Führungskraft offen führen, wenn sich der Mitarbeiter selbst nicht traut? Er sagt „ja“ und meint .... was?
Es gibt einen Ausweg aus der Situation: Klare Kommunikation lässt sich üben. In ganz ausgeprägten Fällen gehört jedoch therapeutische Begleitung dazu. Wenn Sie als Führungskraft in eine Double-bind-Situation geraten, lassen Sie sich nicht verwirren und grenzen sich ab: Heben Sie das Gespräch auf die Metaebene und sprechen Sie die Widersprüche an, die Sie wahrnehmen. Ihr Mitarbeiter braucht eventuell Ihre Unterstützung und das Vertrauen, dass er offen sein darf.
Wenn Sie die Situation als schwierig erleben, liegt es nicht an Ihrer Wahrnehmung. Den Schuh brauchen Sie sich nicht anzuziehen.
Quelle: Anne-Ev Ustorf, Meinst du wirklich, was du sagst? Psychologie heute, 02/2017 Seiten 64 bis 68