Beliebt, verbreitet und dennoch nicht wahr. Motivationslügen von „Geld motiviert nicht“ bis „Arbeit muss Spaß machen“
Hochkonjunktur für Dampfplauderer: Wenn es um die Motivation geht, werden uns die dicksten Lügen aufgetischt. Und das auch noch mit Erfolg. Denn Menschen neigen dazu, zu glauben, was sie für wahr halten möchten.
Steffen Kirchner, psychologischer Berater für Profi-Sport und Business, hat die dreistesten Behauptungen gesammelt:
„Sie können im Leben alles erreichen, was Sie wollen, wenn Sie nur anderen Menschen helfen zu erreichen, was diese haben wollen“.
Ach, der Satz klingt einfach zu schön! Deshalb wird er fleissig gepostet – bei Facebook, Twitter und anderswo. Richtig wird er davon leider nicht. Es stimmt einfach nicht, dass einer alles erreichen kann, wenn er nur will. Da hilft es ihm auch nicht, wenn er anderen hilft.
„Motivation ist Manipulation“
Auch dieser Satz macht sich in den Social Media gut, geht er doch dank zweier gleichlautender Schlagwörter glatt von der Zunge. Doch das rhetorische Stilmittel macht den Satz nicht richtiger.
Manipulation steht für eine verdeckte Einflussnahme, die darauf zielt, dem anderen Schaden zuzufügen. Mit Motivation wird das unbewusste, natürliche Streben eines Menschen beschrieben.
Wenn Sie jemanden motivieren wollen, klopfen Sie ihm auf die Schulter oder sagen ein nettes Wort. Damit stärken Sie ihn - und zwar offensichtlich. (Externe) Motivation ist nicht latent. Schon deshalb kann Motivation nicht Manipulation sein. Dass Motivation stärken will, tut ein Übriges.
„Beschäftige dürsten nach Lob“
Die Behauptung krankt daran, dass sie zu pauschal ist. Laut psychologischer Studien haben nur 10 bis 20 Prozent der Menschen ein starkes Bedürfnis nach Lob. Es sind vor allem unsichere Menschen mit schwachem Selbstwertgefühl.
Ebenso groß ist die Gruppe der Selbstbewussten, die Lob als überflüssig oder sogar störend empfinden. Beim Motivieren durch Lob kommt es sehr auf Fingerspitzengefühl und das richtige Maß an.
„Geld motiviert nicht“
Dieser Satz geht auf die Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg zurück, nachdem Geld ein Hygiene-, aber kein Motivationsfaktor ist. Akademisch mag die Theorie ihren Wert haben, in der Praxis ist sie nicht durchgängig haltbar. Führen Sie sich einfach Ihre Herausforderungen der letzten Monate vor Augen und fragen sich: Welche hätten Sie sofort lösen können, wenn Sie finanziell unabhängig gewesen wären? Welche hätten Sie zumindest abfedern können?
Schnell wird klar, dass Geld den Druck mindestens lindern kann. Deshalb aktiviert Geld oder die Aussicht auf Geld das Belohnungszentrum des Gehirns. Das macht Geld so angenehm.
„Boni demotivieren“
Auch eine pauschale Behauptung: Wenn Menschen finanziell für etwas belohnt werden, das ihnen Spaß macht, verlieren sie auf Dauer ihre Freude daran. Hintergrund sind Experimente, bei denen etwa Kinder für selbstgemalte Bilder über den grünen Klee gelobt wurden. Sie haben tatsächlich den Spaß an ihrem Tun verloren.
Der Denkfehler liegt darin, einfache und fröhliche Freizeitaktivitäten mit der Arbeit gleichzusetzten. Im Gegensatz zum spielerischen Tun in der Freizeit erfordert Arbeit meist eine höhere Investition in Aufmerksamkeit, Denken und Konzentration. Und das fällt bekanntlich nicht immer leicht. Mit gelegentlicher externer Motivation geht einigen Menschen die Arbeit daher durchaus leichter von der Hand. Bei wem die extrinsische Motivation bedeutsamer ist, als die intrinsische ist abhängig von der persönlichen Motivstruktur.
„Arbeit muss Spaß machen“
„Wer seine Berufung gefunden hat, muss nie wieder arbeiten.“ Was für ein Versprechen! Doch der Satz ist der reine Unfug. Denken Sie etwa an Ärzte ohne Grenzen, die in Krisengebieten mit einfachsten Mitteln Menschen helfen. Ob das immer Spaß macht?
Ein „Beruf“ oder eine „Berufung“ ist eine Aufgabe, die erfüllt und dem Leben Sinn verleiht. Genau dieser Sinn ist es, der besonders wichtig ist. Der Spaß liegt eher in den Erlebnissen und Ergebnissen, die darauf folgen. Ärzte etwa macht die Dankbarkeit ihrer Patienten glücklich und dass sie ihnen helfen konnten.
Machen Sie sich also keine Sorgen, wenn Sie nicht jeden Tag pfeifend zur Arbeit gehen. Was zählt, sind Sinnhaftigkeit und Ergebnis. Und die daraus folgenden Erfolgserlebnisse sind es, die uns begeistern und motivieren!