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Ruhe bewahren.
CHANGE 4 SUCCESS | Change Management Training Coaching Mediation
„Jetzt regen Sie sich doch nicht so auf. Bleiben Sie gelassen!“ Wer gerade in Rage ist, dem gibt ein solcher Satz den Rest. Als wäre jemand freiwillig gestresst! Als wären innere Ruhe und Gelassenheit nicht für jeden angenehmer!
Ruhe und Gelassenheit – jeder wünscht sie sich. Kaum einer hat sie. Wer sich im Buchhandel bei den Ratgebern umsieht, kann den Eindruck gewinnen, er selbst sei schuld an seiner Hektik. Anscheinend ist es ganz einfach, den Schalter umzulegen und innere Ruhe zu finden. Zum Stress von außen gesellt sich das Gefühl, etwas falsch zu machen.
Gelassenheit – eine vergleichsweise moderne Erscheinung
Forscher sehen die Frage mit anderen Augen, so auch der amerikanische Neuropsychologe Rick Hanson. Die Natur hat die Gelassenheit gar nicht vorgesehen, meint er. Ganz im Gegenteil: Ein gelassener Steinzeitmensch wäre für einen Bären ein schnelles Mittagessen gewesen. Aus Sicht der Evolution ist es das Beste, wenn wir Menschen uns immer ein bisschen unbehaglich und ängstlich fühlen. Dann bleiben wir wachsam. Die Amygdala, die Alarmglocke unseres Gehirns, reagiert auf Bedrohungen besonders intensiv.
So seltsam es klingt: Raum für Gelassenheit konnte erst entstehen, als die Gefahren für Leib und Leben eingehegt waren. Gelassenheit ist deshalb etwas relativ Modernes.
Gelassen die Gelassenheit suchen
Immerhin können wir die Gelassenheit finden, wenn wir sie suchen. Das sichern uns die Forscher zu. Wobei wir aufpassen sollten, nicht zu übertreiben. Auch die angespannte Suche nach Gelassenheit kann zur Falle werden. In unserer Zeit glauben wir ja, dass uns alles gelingt, wenn wir unsere Ziele nur energisch genug in die Hand nehmen. Gelassenheit entsteht jedoch genau im Gegenteil mit dem Loslassen.
Paul Gilbert, Professor für Klinische Psychologie an der University of Derby, hat sich dieser Beobachtung intensiv gewidmet. Er beschreibt, dass uns in der westlichen Welt vor allem das Antriebssystem die Ruhe raubt. Wir sind viel zu sehr auf Antrieb fixiert und tun alles, um die zugehörigen Emotionen zu verstärken. Das Haben- oder Besitzen-Wollen steht etwa dafür. Ein Teil des Nervensystems sei dadurch überstimuliert und die Dopamin-Ausschüttung ständig angeregt, sagt er. Manch einer entwickelt eine regelrechte Sucht. Er fühlt sich nur dann gut, wenn er etwas erreichen oder sein Verlangen befriedigen kann. Will er sich bewusst einmal zurücknehmen, leidet er unter Dopaminentzug.
Ein gutes Wort wirkt
Ein wirksames Gegenmittel sei das Mitgefühl, so der Professor weiter. Es aktiviere das Beruhigungs- und Bindungsgefühl, erzeuge Zufriedenheit und Geborgenheit. Dies wiederum sei Basis für die Gelassenheit.
Schon als Babys folgen wir diesem Mechanismus, als Erwachsene reagieren wir noch immer darauf: Ein freundliches Wort oder eine liebevolle Berührung führen zur Ausschüttung von Endorphinen und von Oxytocin. Beide gehören zur Gruppe der Hormone, die mit innerer Ruhe, Wohlbefinden, Sicherheit und Verbundenheit in Zusammenhang stehen. Die Zuwendung zeigt ihre wohltuende Wirkung nicht nur dann, wenn wir uns anderen gegenüber freundlich zeigen, sondern auch, wenn wir gegenüber uns selbst freundlich sind.
Handlungsempfehlung: Freundlichkeit üben
Freundlichkeit, Mitgefühl und Zuwendung gegenüber anderen und sich selbst sind deshalb die Empfehlung von Professor Gilbert an alle, die sich gestresst fühlen. Besonders letzteres will geübt sein: Indem wir Freundlichkeit kultivieren, können wir erreichen, dass sich die Amygdala beruhigt und nicht mehr so reaktiv ist.
Üben Sie also ein paarmal am Tag. Bleiben Sie 10 bis 20 Sekunden bei einem positiven Gedanken. Positive Alltagserfahrungen werden so zu einer dauerhaften Ressource.
Keep Calm!
Quelle: Ingrid Strobl, Gelassen bleiben, Psychologie heute, 01/2016 Seiten 19 - 24