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So bin ich eben. Oder nicht?
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Wie Geschichten über uns unser Selbstbild prägen und wie wir ungeliebten Geschichten eine neue Wendung geben
Einmal im Jahr am Geburtstag hören viele von uns Geschichten von der eigenen Geburt. Eltern erzählen gerne davon: „Du warst so süß“, sagen sie. Oder „Wir haben uns so auf Dich gefreut.“
Auch dies könnte eine Geschichte sein: „Du warst ein schwaches Kind. Wir haben lange gebangt, ob Du bei uns bleibst. Es war von Anfang an schwierig mit Dir.“
Wie finden Sie die Geschichte: Welches Gefühl gibt sie Ihnen?
Fühlt sich nicht gut an, richtig? Wer will schon als schwach gelten und ein belastender Fall sein!
Die Geburt war nicht leicht und das Kind hat überlebt. Das sind die Fakten. Ob es im Bewusstsein aufwächst, kränklich und schwach zu sein oder ein zäher Kämpfer, hängt von der Interpretation der Eltern ab. Denn auch diese Erzählung wäre richtig: „Du hattest es nicht leicht, aber Du wolltest unter allen Umständen bei uns bleiben. Ein richtiger kleiner Kämpfer warst Du, von Anfang an. Ich war so stolz auf Dich!“
Jeder von uns ist mit Geschichten über sich aufgewachsen. Wir haben ihnen gespannt zugehört, weil wir wissen wollten, wer wir sind. Nach und nach haben wir sie uns zu eigen gemacht. Sie bestimmen bis in die Gegenwart, mit welchem Grundgefühl wir durchs Leben gehen.
Unangenehme Bilder drängen sich nach vorne
Nach und nach haben wir uns von unseren Eltern gelöst und eigene Herausforderungen, Entscheidungen und Hindernisse erlebt. Wenn wir von uns erzählen, sind es meist Geschichten. Entlang unserer Geschichten bilden wir unsere Identität aus.
Das ist in Ordnung so, es gibt nur einen Haken: Menschen erinnern sich stärker an die negativen als an die positiven Ereignisse. Jedes Mal, wenn wir von einer unangenehmen oder unglücklichen Geschichte erzählen oder einen inneren Monolog führen, gräbt sich die Geschichte tiefer in unser Selbst ein. Stückweise formt sie uns.
Negative Geschichten kosten jedoch Kraft und behindern uns auf dem Weg zu einem selbstbestimmten und erfolgreichen Leben. Wir vergessen, dass Geschichten immer eine Interpretation sind und sich auch anders erzählen lassen. Wie aber können wir belastende Lebensgeschichten umschreiben?
Frieden schließen mit Zuschreibungen und Geschichten. Drei Handlungsoptionen:
Glaubenssätze überprüfen
Psychotherapeut Bill O'Hanlon glaubte, ein schüchterner Mensch zu sein. Mit diesem Bild von sich war er aufgewachsen. Alle hatten das gesagt. Also verhielt er sich wie ein schüchterner Mensch und wurde von seiner Umwelt genau so wahrgenommen.
Glücklich war er nicht damit. Eines Tages hatte er die Idee, dass seine Schüchternheit eine Erfindung sein könnte. Ein Märchen. Die Idee gefiel ihm, denn sie machte ihm Hoffnung, dass sich in seinem Leben etwas zum Besseren wenden könnte. Er begann, alternative Verhaltensweisen einzuüben. Nach und nach ließ er seinen schüchternen Habitus hinter sich und entdeckte neue Seiten an sich.
„Du bist Schüchtern“: Negative Zuschreibungen wie diese haben etwas Perfides an sich. Denn Sie sorgen dafür, dass wir uns so verhalten, wie die Umwelt es erwartet. Am Ende tritt ein, was wir befürchten. Sich der eigenen Verhaltensweisen bewusst zu werden und neue einzuüben, ist eine Chance, diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Eine Geschichte als Erfolgsgeschichte interpretieren
Negative Selbstzuschreibungen können die Leistungsfähigkeit behindern. In einem Versuch mit Studenten wurde genau das untersucht.
Sie hatten große Selbstzweifel und haderten mit sich. Ihnen wurde ein Video mit Studenten „wie Sie“ gezeigt: Diese erzählten, wie sie ihr Studium gemeistert und ihre Erwartungen übertroffen hatten. Das positive Bild verbesserte das Selbstwertgefühl der Studienteilnehmer und zugleich verbesserten sich ihre Leistungen.
Bei einer Neu-Interpretation einer Lebensgeschichte geht es darum, die Geschichte neu zu bewerten und einen neuen Sinn zu geben. Ist das Baby ein zäher kleiner Kämpfer oder ein schwaches Ding? Die Fakten bleiben die Fakten. Sie sollen nicht etwa negiert oder ausgeblendet werden.
Das Ziel ist es, die Geschichte so umzuschreiben, dass sie Ihr psychisches Wohlbefinden steigert und Sie gut mit Ihr leben können.
Eine Beobachterrolle einnehmen, sich distanzieren
Murphy's Law hat zugeschlagen: Ihnen ist ein Missgeschick passiert. Vielleicht sind Sie bei einem öffentlichen Auftritt gestolpert oder Ihre Präsentation ist weniger gut angekommen als erhofft. Sie haben eine Menge Kritik bekommen und jetzt geht Ihnen die Geschichte nicht mehr aus dem Kopf. Wieder und wieder malen Sie sich aus, was geschehen ist. Wie peinlich!
Versuchen Sie, gedanklich einen Schritt zurück zu treten, und eine Beobachterrolle einzunehmen. Fragen Sie sich, weshalb die Dinge so verlaufen sind und nicht anders. Was hat Ihre Gefühle ausgelöst? Eine distanzierte Haltung hilft Ihnen, Erklärungen für Ursache und Wirkung zu finden und sich aus der Ohnmacht zu befreien. Außerdem entwickeln Sie Alternativen für künftige Situationen.
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Quelle: Anna Roming, Sieh's doch mal so. Psychologie heute, 11/2016 Seiten 19 - 23